Strategische Vorüberlegungen

 Ein Unternehmen weiterzugeben, ist meistens ein langer und sehr komplexer Prozess. Es geht darum, seine eigenen Vorstellungen mit den Werten des Unternehmens zu verbinden, sowie Arbeitsplätze, das Know-How und das langfristige Bestehen des Unternehmens zu sichern.

Der breite Mittelstand als vielbeschworenes Rückgrat der deutschen Wirtschaft ist maßgeblich geprägt von Familienunternehmen. So sind von den 3,6 Millionen Unternehmen in Deutschland tatsächlich 3,4 Millionen inhabergeführt und befinden sich in Familienhand. Derzeit werden in Deutschland jährlich rund 27.000 „übergabewürdige“ Unternehmen mit ca. 400.000 Beschäftigten übertragen, nach einer Studie des Instituts für Mittelstandsforschung in Bonn davon 53% an Familienmitglieder, 18 % an Mitarbeiter und 29 % an Dritte. Über die Hälfte der Unternehmer sind nicht rechtzeitig auf die Übergabe vorbereitet und werden dann vor weitreichende ungeplante Konsequenzen gestellt.

Nachfolgeplanung für Unternehmen


Die eigentliche Gestaltung einer Unternehmensnachfolge ist in seiner Gesamtheit ein anspruchsvolles Unterfangen, das sich nicht allein auf rechtliche und steuerliche Themenstellungen reduzieren lässt. Insbesondere betriebswirtschaftliche und vor allem die familiären und persönlichen Gesichtspunkte spielen eine entscheidende Rolle in der Ausgestaltung eines tragfähigen Konzeptes für eine gelungene Unternehmensübergabe.

Etwa drei bis zehn Jahre vor der geplanten Übergabe sollte der Firmeninhaber damit beginnen, sein Unternehmen wettbewerbsfähig und profitabel für die nächste Generation aufzustellen und spätestens drei Jahre vorher mit der Suche nach einem Übernehmer beginnen. Darüber hinaus stehen seit etwa 10 Jahren immer mehr Übergeber immer weniger Übernehmern gegenüber. Eine rechtzeitige Nachfolgeplanung bewahrt das Unternehmen vor dem Abgleiten in eine mögliche Krisensituation. Umso mehr, wenn in der Nachfolgegestaltung die steuerlichen, rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Kriterien hinreichend einbezogen werden. Allerdings sind es vielfach andere Beweggründe, die am Ende für eine Entscheidung ausschlaggebend sind – es handelt sich um die emotionalen, psychologischen Hintergründe.

Nachfolgeplanung für Unternehmen


Im Vorfeld der möglichen Nachfolge gilt es, für das Unternehmen ein rechtlich, steuerrechtlich und wirtschaftlich tragfähiges Konzept zu erarbeiten. Zunächst müssen die Ziele und Wünsche des Übergebers in der Nachfolgeplanung definiert werden. Hier werden am häufigsten die Werterhaltung und Fortführung des Unternehmens insgesamt genannt. Daneben spielen die Versorgungssicherung des bisherigen Betriebsinhabers, seines Ehegatten sowie ggfs. auch der Erben entscheidend und die Notfallplanung bei Krankheit, Unfall oder Tod eine maßgebliche Rolle.

Bei vielen Unternehmern stehen oft nicht so sehr die rein rationalen Entscheidungskriterien im Vordergrund, sondern ein „unternehmerischer Traum“ im Zentrum des Handelns. Der Inhaber ist eng mit seinem Unternehmen verbunden und hat über Jahrzehnte eine persönliche Bindung zu den Menschen, Maschinen und Produkten aufgebaut – es geht hier um die Weitergabe seines Lebenswerks. Das Ideal vieler Familienunternehmer ist noch immer die „monarchische“ Nachfolge vom Vater auf den Sohn. So wünschen sich über 90% der Übergeber eine familieninterne Nachfolge. Doch der traditionell bestehende Wunsch, das Unternehmen innerhalb der eigenen Familie weiterzugeben, findet in der Realität immer seltener statt. Aktuell wird gerade noch etwa die Hälfte aller Unternehmensnachfolgen in der Verwandtschaft weitergegeben. Neben der Demographie spielen hier auch Megatrends, wie Singularisierung und Individualisierung mit dem einhergehenden Wunsch der persönlichen Selbstverwirklichung eine entsprechende Rolle. Der Nachwuchs strebt nach individuellen Lebensentwürfen frei von familiären Konventionen. Auf der anderen Seite stehen oft die vom Eigentümer erwarteten Management-Kompetenzen bei möglichen Nachfolgern innerhalb der Familie nicht zur Verfügung. Familiären Gerechtigkeitsthemen, fehlender Qualifikation der Kinder sowie anderen familiären Konfliktherden steht die Sorge des Unternehmers vor Zersplitterung seines Unternehmens, um den Erhalt von Arbeitsplätzen und die Wahrung seines „unternehmerischen Erfolges“ gegenüber.


Für eine erfolgreiche Nachfolge, familienintern, wie extern, gilt es daher sich weitgehend an den objektiven Entscheidungskriterien zu orientieren und sich nicht von emotionalen Wunschvorstellungen leiten zu lassen.

Unternehmer im Spannungsfeld


Expertentipp:

Es gibt sehr viele Möglichkeiten der Anteilsübertragung von Unternehmen, ganz besonders bei der Unternehmensnachfolge in Familiengesellschaften. Neben allen rechtlichen und steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten ist vor allem immer eines zu bedenken: der Mensch, auf Seiten des Übergebers, auf Seiten des Übernehmers sowie auch übergangenen oder benachteiligten Dritten. Diese psychologischen Komponenten gilt es in allen Konsequenzen im Verlauf des gesamten Übergabeprozesses zu bedenken, sonst scheitern die besten Gestaltungen.